Bei 7,5 Zentimetern war das Maß voll
BGH entscheidet Streit über grenzüberschreitende Wärmedämmung.
Sommer 2020
Von Zeit zu Zeit haben sich die Gerichte in Deutschland mit der ein oder anderen Stilblüte des Lebens zu beschäftigen. So hatte der Bundesgerichtshof im Jahr 2017 einen Fall auf dem Tisch, bei dem der Stein des Anstoßes ein Überbau einer Grundstücksgrenze im Rahmen einer Wärmedämmung war.
Allerdings ging es in dem Verfahren gar nicht um die von der Eigentümergemeinschaft eines Mehrfamilienhauses installierte Wärmedämmung selbst, welche sieben Zentimeter auf das Nachbargrundstück herüberragt. Denn deren Installation hatte der betroffene Nachbar, selbst Eigentümer eines Reihenhauses, per Nachbarschaftsvertrag noch geduldet. Als die Eigentümergemeinschaft nun aber einen Putz inklusive Anstrich mit einer Stärke von lediglich 0,5 Zentimetern aufbringen wollte, war die Grenze für den Eigentümer des Reihenhauses offensichtlich zu weit überschritten und er verweigerte die Zustimmung. Daraufhin klagte die Eigentümergemeinschaft, um die Duldung per Gerichtsbeschluss zu erzwingen. Die Klage stützte sich auf die Duldungspflicht gem. § 16a Abs. 1 NachbG Bln. Diese ergibt sich, wenn mit einer die Grundstücksgrenze überschreitenden Wärmedämmung einer Grenzwand erstmals die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) erfüllt werden. Dieser Argumentation folgten die Richter jedoch nicht und wiesen die Klage ab. In der Begründung führte das Gericht aus, dass die Duldungspflicht nur für die Fälle gelte, in denen die Verordnung bei Errichtung des Gebäudes noch nicht bestand. Dies war hier nicht der Fall. Denn die Eigentümergemeinschaft hätte die Wärmedämmung nach EnEV schon bei den Planungen berücksichtigen und somit einen Überbau vermeiden können.